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Walli Wu



 
Silverback offline
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 10.02.2019 - 06:59 Uhr  -  
Zitat
Auf Brigitte Graebe mit BRT 492 ging es dann schon gesitteter zu, allerdings bin ich da als Jungmann gemustert.

Moin WalliWu,

wie meinst Du das mit "gesitteter"? Hässte dor weniger pimpern kunnt? :o :P
Aber auf'n schmucken Kümo bist Du ja umgestiegen 8-) , habt anscheinend alle achtern gewohnt?
Bei 492 BRT waren wieviele Ladetonnen? - Mein Bremer "Arktos" hatte so um die 630 tdw, Bauj. 1952, kein Radar; und 3 Mann schliefen vorn. Aber sie fuhr einen gelernten Hotelkoch, sowie in der Maschine einen Chief und 2. Ing (C3 und C4), insgesamt 9 Mann (oder mit mir 8 1/2!).

Kommt noch mehr von Dir? Hoffentlich. Man dankt für soviel Schreibarbeit. :(

Gruß,

Silverback.
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"Wissen ist, zuzugeben, etwas nicht zu wissen!"
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Walter Wust offline
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 10.02.2019 - 12:38 Uhr  -  
Hi Silverback,

als Volldecker ca. 800 Ladetons, als Shelterdecker ca. 650 Ladetons. Vorne war nur Kabelgatt. Das Schiff war in Büsum gebaut und selbst bei Orkanstärken um Landsend lag es absolut ruhig in See. Einzig die Persennige für die Deckslast ging, obwohl mit zwei Lagen Schnittholz abgedeckt, dabei Über Stag. Der Alte war vernünftig genug, sie erst garnicht bergen zu wollen.

moin WalliWu
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Walter Wust offline
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 10.02.2019 - 12:40 Uhr  -  
Hi @ All

Der Leichtmatrose blieb an Bord und wir fuhren jetzt zu dritt auf dem kleinen Äppelkahn. Immer wenn Willi nicht in Sicht war, wollte der Leichtmatrose den dicken Molly machen und mich herumkommandieren, aber da hatte er bei mir absolut kein Glück. Zwar ist er über ein Jahr länger zur See gefahren als ich, aber deswegen war er immer noch Junggrad, also in der Ausbildung und in manchen Dingen wusste er weniger als ich. Einmal hatte er wohl nicht bemerkt, daß Willi ihn hören konnte und als er dann massiv drohte kam Willi und stellte ihn zur Rede. "„er Einzige, der hier die Arbeit einteilt, das bin ich"“ sagte er „ und wenn du damit nicht klarmommst, musst Du abmustern“. Ab diesem Tag hatte ich meine Ruhe, aber irgendwie war es ein gestörtes Verhältnis zwischen uns.Wir fuhren viel in den Küstenkanälen bis tief ins Binnenland was bedeutete, daß der Mast geklappt und das Ruderhaus abgebaut werden musste. Wenn es regnete war das ganz schön ungemütlich, hatte der Rudergänger doch kein Dach über dem Kopf. Bei Dunkelheit sind wir eifach an die Böschung gefahren und haben an irgendeinem Baum oder Strauch festgemacht.Dafür musste man über eine Holzplanke turnen und manchmal endete der Balanceakt im Wasser. Aber das war nicht weiter schlimm, schließlich war das Wasser warm und dann war es auch noch Süßwassser. Trotzdem war ich froh, als wir wieder richtig zur See fuhren, wenn man die kleine Küstenfahrt überhaupt so bezeichnen mochte.Ich hatte jetzt meine Fahrzeit als Moses fast voll und es war Zeit, zum Jungmann umzumustern. So gern ich auf der Friedmariwalt gefahren bin, so wollte ich doch für die Matrosenprüfung etwas mehr Erfahrung sammeln. Also habe ich Willi erklärt, daß es für mich Zeit sei, auch mal was Anderes kennenzulernen. Er habe ja den Leichtmatrosen und ich wollteAbmustern. Es fiel ihm schwer mich so einfach gehen zu lassen, aber er sah auch ein, daß es für einen jungen Menschen interessantere Aufgaben gibt, als nur zwischen Dänemark und Hamburg hin und her zu tuckern.Beim nächsten Törn nach Hamburg bin ich abgemustert und bin dann auf „Brigitte Graebe“Als Jungmann angemustert. Das war zwar auch ein Kümo, hatte aber über 6oo Ladetonnen und alle Logis waren achtern. Sie hiess auch der“ weisse Schwan“, weil sie ganz in weiss gestrichen war. Hauptsächlich fuhren wir Gävle – Liverpool.Die Besatzung war für ein 2 Wachenschiff an Deck und Maschine und in der Kombüse hatten wir einen Kochsmaaten, der hatte an Land Bäcker und Konditor gelernt und so hatten wir Sonntags und Donnerstags immer frische Brötchen und hin und wieder auch Kuchen.Ich war auf die 6 – 12 Uhr Wache eingeteilt. Das war schon eine Umstellung, weil dieses Schiff ja tatsächlich rund um die Uhr unterwegs war und die Zeiten auf See waren immer ca 8 – 10 Tage, je nachdem was für ein Wetter war. Die Besatzung waren alles jüngere Leute, einschließlich Kapitän und Steuermann. Das machte den Umgang untereinander zwangloser und man hatte sich auf Wache immer was zu erzählen Ich bin in Brunsbüttel Schleuse eingestiegen, die Brigitte Graebe kam mit Holz von Gävle für Liverpool. Sie hatte hoch Deckslast und sah sehr imposant aus, wie sie da in der Schleuse lag. Es war auch eine richtige Gangway ausgeklappt, so daß man bequem trotz Seesack an Bord kommen konnte. Das war zwar immer noch kein richtiger „Dampfer“, aber irgendwie habe ich mich gleich wohl gefühlt. Zumindest brauchte ich nicht nach unten schauen, um mein Schiff zu suchen. Für Vorstellungsgespräche blieb auch keine Zeit, schließlich dauert so ein Schleusengang keine Ewigkeit. Ich konnte mich gleich umziehen und auf Wache ziehen. Ich hatte eine schöne 2 Mann Kammer, die obere Koje. Mit mir war noch ein Jungmann in der Kammer untergebracht, der fuhr allerdings schon über ein halbes Jahr als Jungmann. War ein Mordskerl und ging mit mir die selbe Wache. Als ich auf die Brücke kam, waren wir schon auf Elbrevier. Die 6 – 12 Wache war die Kapitänswache und der fragte mich, ob ich schon mal am Ruder gestanden hätte. Das konnte ich bejahen, hatte ich doch sowohl auf „Delphin IV als auch auf „Friedmariwalt“ schon am Ruder gestanden. Allerdings, dies hier war eine ganz moderne Ruderanlage bei der man keine Kraft brauchte und die einem sofort anzeigte, um wieviel Grad man das Ruderblatt bewegt hat. Auch der Kompass war viel moderner.Ich hatte mich nicht getäuscht, tatsächlich waren neben diverser Briefe und Weihnachtskarten noch zwei Pakete für mich angekommen. Der Jungmann, der fast nie Post bekam, war aufgeregter als ich selbst, was wohl in den Paketen sein mochte.Eins, das etwas grössere war von meiner Oma, da waren vor Allem dicke Winterwäsche, wie lange graue Unterhosen für die Arbeit, langärmelige Unterhemden und dicke WollsockenAusserdem Naschereien, grösstenteils selbstgebacken, von denen ich besonders die Pfeffernüsse favorisierte. Diese Spezialität konnte nur Oma backen und auch später habe ich nie wieder welche bekommen. Dann ein richtig langer Brief mit Bildern, die mein Onkel geknipst hatte, von der ganzen Familie, vor allem Cousin und Cousinen.Das zweite Paket kam von Muttern, die nach der Scheidung von meinem Vater nach Stuttgart gezogen war, zusammen mit meinen beiden Schwestern und in Bad Cannstatt ein Lebensmittelgeschäft führte. Ich aß so gerne Marzipan und Mutsch war nicht kleinlich, als sie das Paket gepackt hat. Auch hier Unterwäsche, aber feine weisse Feinripp von Schiesser für den Landgang. Auch kuschelweiche Frotteetücher und ein Flakon After Shave von Tabac, schon mal vorsorglich, falls aus dem zarten Flaum mal ein Bart werden sollte.Dem Jungmann lief beim Auspacken meiner Pakete, das er lebhaft und mit wachsender Begeisterung mitverfolgte, schon das Wasser im Mund zusammen.Um ihn nicht leiden zu lassen, habe ich ein Päckchen Aachener Printen geöffnet, schön bedächtig, mir der Wirkung voll bewusst, und wir haben uns selbiges, bis auf drei Stücke für Hermann, munden lassen. Der Rest wurde im Paket belassen, so hielt die Freude viel länger an. Auch Muttern schrieb von zu Hause, von ihrer Arbeit und meinen Schwestern und dass sie mich gerne mal wieder sehen würde.Nun ja, erst mal ging der Ernst des Lebens weiter, wir hatten gebunkert und weiter ging esRichtung Hamburg. Nachdem die Schleuse Brunsbüttel passiert war, durfte ich auf der Elbe ans Ruder. Wir tuckerten mit der Tide und so machten wir ganz gut Fahrt. Der Jungmann erzählte mir was von St. Pauli und der Reeperbahn, aber ich glaube, das Meiste hatte er auch nur vom Hörensagen. Ich weiss nicht mehr in welchem Hafenbecken wir festmachten, auf jeden Fall gingen wir wieder längsseite. Das hatte den Vorteil, dass man bei Tide nicht ständig auf die Festmacherleinen aufpassen musste. Allerdings so ganz gefahrlos war das nicht. Auf jeden Fall mussten man achten, dass wie in diesem Fall, bei einem grossen Schiff, die „Ködelbremsen“ gesetzt waren, sonst konnte man schnell eine böse Überraschung erleben.Dann hatte man plötzlich Fäkalien an Deck liegen, wenn man sie nicht gleich in Nacken bekam. Vom grossen Dampfer hing eine Lotsenleiter aussenbords, an der kletterte HermannHoch und suchte einen Matrosen oder den Bootsmann, damit dieser eine „Ködelbremse“ anbrachte. Während wir auf Hermann warteten, kam eine volle Ladung mit reichlich Klosettpapier angerauscht, in richtig schönem Bogen plätscherte es beim Alten vors Bullauge und an Deck. Gott sei Dank hatte Käpt’n Hagenah noch alles dichtgeknebelt, sonst hätte ich ein wunderschönes Vergnügen in seinem Salon gehabt.Einmal war da die große Hauptmaschine und zusätzlich gab es noch zwei kleinere, sogenannte Hilfsdiesel, die aber immer noch viel größer waren, als unsere Hauptmaschine.Die Hilfsdiesel liefen auch jetzt im Hafen und sorgten hauptsächlich für Strom, denn die Ladewinschen hatten keinen eigenen Jockel wie unsere, sondern liefen mit Strom, der von den Hilfsdieseln erzeugt wurde. Zum Abschluss durfte ich noch ins Ruderhaus, das hier aber Brücke hiess. Es war fast so breit wie der ganze Dampfer, nur an jeder Seite war für den Ausguck noch eine Nock, die war bis auf die Brüstung, sogar mit Armlehne, frei, vor Allem nach oben, denn da mussten der Kapitän und die Offiziere, so hiessen die Steuermänner hier,den Himmel sehen, damit sie Sterne oder die Sonne schiessen konnten. Auch war in jeder Nock noch ein kleinerer Kompass mit einem Aufsatz , damit man Leuchtfeuer oder Bojendamit peilen konnte, nannten sich auch Peilkompass. Innendrin waren eine Menge Geräte, die ich noch nie gesehen hatte, wie Radarschirm, Maschinentelegraph, Kreiselkompass, Echolot und für die Seekarten gab es einen extra Kartenraum. Ich kam mir vor wie in einer anderen Welt. Für mich stand fest, auf solch einen Dampfer will ich auch.So hatte der Jungmann die Freude des Aufklarens, ich hatte ja in der Kombüse zu tunNach Feierabend bin ich dann auf den dicken Pott, wollte mich mal umschauen und vielleicht gabs dort ja auch einen Decksjungen. Es war ein holländisches Schiff, fuhr nach Amerika und im Vergleich zu uns, war da alles riesig. Die Mannschaftskammern waren für zwei Mann und größer als Käpt’s Kajüte und Schlafraum zusammen. Überhaupt, die langen Betriebsgänge, eine riesige Messe und einen Waschraum mit Waschbecken und mehreren Duschen und sogar, in einem Raum neben dem Waschraum zwei Waschmaschinen und eine Trockenleine.Die Festmacherleinen waren so dick, die hätten auf unsere Poller garnicht draufgepasst. Das war das Achterschiff, mittschiffs waren die Kammern noch grösser, alles Einzelkammern und eine Kombüse, da war der Herd, ein Elektroherd, grösser als meine ganze Kombüse. Ich durfte auch in den Maschinenraum, da wurde mir ganz anders. Dass es solch grosse Motoren gibt, hätte ich nie für möglich gehalten.Insgesamt war die Brigitte Graebe ein „Dampfer“ in Mini – Format. Die Brücke hatte einen Kartenraum, wo auf einem grossen Tisch mit extra Beleuchtung die Seekarten ausgerollt und der Kurs abgesteckt wurde. Auch eine moderne Funkanlage war im Kartenraum untergebracht. Im Ruderhaus standen auf jeder Seite ein Maschinentelegraf und auf der Steuerbordseite ein Radarbildschirm mit einem grossen Hocker, ähnlich wie ein Barhocker, nur noch zusätzlich mit einer Rückenlehne. Dann gab es ein Sprachrohr aus Messing zum Kapitänssalon und eine Wechselsprechanlage zur Back und zum Heck. Zusätzlich eine Telefonanlage zu den Messen und zum Maschinenraum. Am Ruder musste man stehen, wobei wir uns alle volle Stunde ablösten. Nachts ging der zweite Mann auf Ausguck, entweder in die Nock, oder bei Nebel und in Landnähe auf die Back. Damit man dort auch ankam, selbst wenn das Schiff schaukelte und überholte, waren Strecktaue gespannt. Die Pausen und Mahlzeite waren genau festgelegt. Die 6-12 Wache wurde um 5:30 Uhr geweckt und konnte erst mal zum wachwerden Kaffee trinken, den die 12-6 Wache schon gekocht hatte.Dazu konnte man was essen. Es gab eine Pantry, in der wurde u.A. die Backschaft gemacht. In ihr war auch ein großer Kühlschrank der Jedem jederzeit zugänglich war und in dem der übrige Aufschnitt vom Abendbrot, Butter und sonstige verderbliche Lebensmittel lagen. Auch konnte man seine privaten Getränke darin kühlen. Von 7:30 bis 8:00 gab es Frühstück. Neben Brot und ggf. Brötchen war immer eine warme Mahlzeit dabei, entweder Frikadellen, oder Eier nach Wunsch, auch mal Milchsuppe. Um 10 war Teetime, eine 20zig minütige Pause, die vor Allem im Winter wenn man klamm gefroren war, eine wahre Wohltat war. Mittag gab es für die 12-6 Wache um 11:30, für die 6-12 Wache um 12 Uhr. Dann gab es um 15:30 Kaffee,man konnte sich dazu ein Brot machen oder Sonntags gab es Kuchen. Dann war noch um 17:30 spezife 18Uhr Abendbrot, wo es wieder warmes Essen gab .Über Nacht konnte sich Jeder, so er hungrig war, aus dem Kühlschrank bedienen. Auch Kaffee und Tee waren immer zugänglich.Für mich, der ich den Proviant immer eingeteilt bekam, war das wie im Schlaraffenland. Anfangs habe ich regelrecht gefressen, habe zum Frühstück mehrmals nachgeholt, nur weil ich diesen Überfluss so genossen habe. Auch die Unterbringung war nicht mit meinen beiden Kümo’s vorher zu vergleichen. Es gab einen großen Waschraum mit zwei Duschen, aus denen immer warmes Wasser kam und zwar Frischwasser. Für die Mannschaft gab es 2 Manns Kammern, sogar mit Bullaugen, die auf See allerdings immer geschlossen bleiben mussten, weil sie doch ziemlich tief lagen. Aber schon durch die Bullaugen war es tagsüber immer hell in den Kammern. Vom Mannschaftsdeck kam man auch in den Maschinenraum. Auch hier war alles hell gestrichen und ohne das Motorengeräusch und den Gasölgeruch hätte man auch sonstwo sein können. Auf dem Hauptdeck waren die Ing.-Kammern, die Kochskammer, die Steuermannskammer, die Kombüse und die Offiziersmesse und Mannschaftsmesse. Auf demBootsdeck waren die Kapitänskajüte, der Salon, die Eignerkammer, eine Zollkammer und das Hospital. Eigner- und Zollkammer waren eigentlich Passagierskabinen, wurden aber aus steuerlichen Gründen anders ausgewiesen.Unter der Back waren neben einer Toilette für die Hafenarbeiter, das Kabelgatt und das Farblager untergebracht. Im Kabelgatt gab es mehrere große, stabile Regale auf denen lagerten Tauwerk und Drahtseile für das Ladegeschirr und zum Festmachen. Ausserdem alle möglichen Utensilien zum reinigen des Schiffes, wie Eimer, Besen, Schrubber, Seifenpulver,Putzlappen ect., aber auch Seezeichen wie Ankerball, Rombus und diverse Lampen.Im Farblager waren hauptsächlich Farbeimer mit den auf dem Schiff verwendeten Farben verstaut und zwar so, daß sie auch bei schwerer See nicht spazieren gingen. Auch jede Menge Pinsel und Farbrollen in allen Größen waren vertreten.Ganz vorne, als Verlängerung des Kabelgatt’s waren die Festmacherleinen verstaut, aufgeschossen, wie der Seemann sagt. Unter Deck hingen mehrere Stellagen, die wurden gebraucht, um im Hafen das Schiff von außen zu malen.Also, es war sehr vieles anders, als ich es bisher kennengelernt hatte.

moin WalliWu
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Alfred M offline
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 10.02.2019 - 18:58 Uhr  -  
Zitat geschrieben von Walter Wust

Hi @ All

Der Leichtmatrose blieb an Bord und wir fuhren jetzt zu dritt auf dem kleinen Äppelkahn. Immer wenn Willi nicht in Sicht war, wollte der Leichtmatrose den dicken Molly machen und mich herumkommandieren, aber da hatte er bei mir absolut kein Glück. Zwar ist er über ein Jahr länger zur See gefahren als ich, aber deswegen war er immer noch Junggrad, also in der Ausbildung und in manchen Dingen wusste er weniger als ich. Einmal hatte er wohl nicht bemerkt, daß Willi ihn hören konnte und als er dann massiv drohte kam Willi und stellte ihn zur Rede. "„er Einzige, der hier die Arbeit einteilt, das bin ich"“ sagte er „ und wenn du damit nicht klarmommst, musst Du abmustern“. Ab diesem Tag hatte ich meine Ruhe, aber irgendwie war es ein gestörtes Verhältnis zwischen uns.Wir fuhren viel in den Küstenkanälen bis tief ins Binnenland was bedeutete, daß der Mast geklappt und das Ruderhaus abgebaut werden musste. Wenn es regnete war das ganz schön ungemütlich, hatte der Rudergänger doch kein Dach über dem Kopf. Bei Dunkelheit sind wir eifach an die Böschung gefahren und haben an irgendeinem Baum oder Strauch festgemacht.Dafür musste man über eine Holzplanke turnen und manchmal endete der Balanceakt im Wasser. Aber das war nicht weiter schlimm, schließlich war das Wasser warm und dann war es auch noch Süßwassser. Trotzdem war ich froh, als wir wieder richtig zur See fuhren, wenn man die kleine Küstenfahrt überhaupt so bezeichnen mochte.Ich hatte jetzt meine Fahrzeit als Moses fast voll und es war Zeit, zum Jungmann umzumustern. So gern ich auf der Friedmariwalt gefahren bin, so wollte ich doch für die Matrosenprüfung etwas mehr Erfahrung sammeln. Also habe ich Willi erklärt, daß es für mich Zeit sei, auch mal was Anderes kennenzulernen. Er habe ja den Leichtmatrosen und ich wollteAbmustern. Es fiel ihm schwer mich so einfach gehen zu lassen, aber er sah auch ein, daß es für einen jungen Menschen interessantere Aufgaben gibt, als nur zwischen Dänemark und Hamburg hin und her zu tuckern.Beim nächsten Törn nach Hamburg bin ich abgemustert und bin dann auf „Brigitte Graebe“Als Jungmann angemustert. Das war zwar auch ein Kümo, hatte aber über 6oo Ladetonnen und alle Logis waren achtern. Sie hiess auch der“ weisse Schwan“, weil sie ganz in weiss gestrichen war. Hauptsächlich fuhren wir Gävle – Liverpool.Die Besatzung war für ein 2 Wachenschiff an Deck und Maschine und in der Kombüse hatten wir einen Kochsmaaten, der hatte an Land Bäcker und Konditor gelernt und so hatten wir Sonntags und Donnerstags immer frische Brötchen und hin und wieder auch Kuchen.Ich war auf die 6 – 12 Uhr Wache eingeteilt. Das war schon eine Umstellung, weil dieses Schiff ja tatsächlich rund um die Uhr unterwegs war und die Zeiten auf See waren immer ca 8 – 10 Tage, je nachdem was für ein Wetter war. Die Besatzung waren alles jüngere Leute, einschließlich Kapitän und Steuermann. Das machte den Umgang untereinander zwangloser und man hatte sich auf Wache immer was zu erzählen Ich bin in Brunsbüttel Schleuse eingestiegen, die Brigitte Graebe kam mit Holz von Gävle für Liverpool. Sie hatte hoch Deckslast und sah sehr imposant aus, wie sie da in der Schleuse lag. Es war auch eine richtige Gangway ausgeklappt, so daß man bequem trotz Seesack an Bord kommen konnte. Das war zwar immer noch kein richtiger „Dampfer“, aber irgendwie habe ich mich gleich wohl gefühlt. Zumindest brauchte ich nicht nach unten schauen, um mein Schiff zu suchen. Für Vorstellungsgespräche blieb auch keine Zeit, schließlich dauert so ein Schleusengang keine Ewigkeit. Ich konnte mich gleich umziehen und auf Wache ziehen. Ich hatte eine schöne 2 Mann Kammer, die obere Koje. Mit mir war noch ein Jungmann in der Kammer untergebracht, der fuhr allerdings schon über ein halbes Jahr als Jungmann. War ein Mordskerl und ging mit mir die selbe Wache. Als ich auf die Brücke kam, waren wir schon auf Elbrevier. Die 6 – 12 Wache war die Kapitänswache und der fragte mich, ob ich schon mal am Ruder gestanden hätte. Das konnte ich bejahen, hatte ich doch sowohl auf „Delphin IV als auch auf „Friedmariwalt“ schon am Ruder gestanden. Allerdings, dies hier war eine ganz moderne Ruderanlage bei der man keine Kraft brauchte und die einem sofort anzeigte, um wieviel Grad man das Ruderblatt bewegt hat. Auch der Kompass war viel moderner.Insgesamt war die Brigitte Graebe ein „Dampfer“ in Mini – Format. Die Brücke hatte einen Kartenraum, wo auf einem grossen Tisch mit extra Beleuchtung die Seekarten ausgerollt und der Kurs abgesteckt wurde. Auch eine moderne Funkanlage war im Kartenraum untergebracht. Im Ruderhaus standen auf jeder Seite ein Maschinentelegraf und auf der Steuerbordseite ein Radarbildschirm mit einem grossen Hocker, ähnlich wie ein Barhocker, nur noch zusätzlich mit einer Rückenlehne. Dann gab es ein Sprachrohr aus Messing zum Kapitänssalon und eine Wechselsprechanlage zur Back und zum Heck. Zusätzlich eine Telefonanlage zu den Messen und zum Maschinenraum. Am Ruder musste man stehen, wobei wir uns alle volle Stunde ablösten. Nachts ging der zweite Mann auf Ausguck, entweder in die Nock, oder bei Nebel und in Landnähe auf die Back. Damit man dort auch ankam, selbst wenn das Schiff schaukelte und überholte, waren Strecktaue gespannt. Die Pausen und Mahlzeite waren genau festgelegt. Die 6-12 Wache wurde um 5:30 Uhr geweckt und konnte erst mal zum wachwerden Kaffee trinken, den die 12-6 Wache schon gekocht hatte.Dazu konnte man was essen. Es gab eine Pantry, in der wurde u.A. die Backschaft gemacht. In ihr war auch ein großer Kühlschrank der Jedem jederzeit zugänglich war und in dem der übrige Aufschnitt vom Abendbrot, Butter und sonstige verderbliche Lebensmittel lagen. Auch konnte man seine privaten Getränke darin kühlen. Von 7:30 bis 8:00 gab es Frühstück. Neben Brot und ggf. Brötchen war immer eine warme Mahlzeit dabei, entweder Frikadellen, oder Eier nach Wunsch, auch mal Milchsuppe. Um 10 war Teetime, eine 20zig minütige Pause, die vor Allem im Winter wenn man klamm gefroren war, eine wahre Wohltat war. Mittag gab es für die 12-6 Wache um 11:30, für die 6-12 Wache um 12 Uhr. Dann gab es um 15:30 Kaffee,man konnte sich dazu ein Brot machen oder Sonntags gab es Kuchen. Dann war noch um 17:30 spezife 18Uhr Abendbrot, wo es wieder warmes Essen gab .Über Nacht konnte sich Jeder, so er hungrig war, aus dem Kühlschrank bedienen. Auch Kaffee und Tee waren immer zugänglich.Für mich, der ich den Proviant immer eingeteilt bekam, war das wie im Schlaraffenland. Anfangs habe ich regelrecht gefressen, habe zum Frühstück mehrmals nachgeholt, nur weil ich diesen Überfluss so genossen habe. Auch die Unterbringung war nicht mit meinen beiden Kümo’s vorher zu vergleichen. Es gab einen großen Waschraum mit zwei Duschen, aus denen immer warmes Wasser kam und zwar Frischwasser. Für die Mannschaft gab es 2 Manns Kammern, sogar mit Bullaugen, die auf See allerdings immer geschlossen bleiben mussten, weil sie doch ziemlich tief lagen. Aber schon durch die Bullaugen war es tagsüber immer hell in den Kammern. Vom Mannschaftsdeck kam man auch in den Maschinenraum. Auch hier war alles hell gestrichen und ohne das Motorengeräusch und den Gasölgeruch hätte man auch sonstwo sein können. Auf dem Hauptdeck waren die Ing.-Kammern, die Kochskammer, die Steuermannskammer, die Kombüse und die Offiziersmesse und Mannschaftsmesse. Auf demBootsdeck waren die Kapitänskajüte, der Salon, die Eignerkammer, eine Zollkammer und das Hospital. Eigner- und Zollkammer waren eigentlich Passagierskabinen, wurden aber aus steuerlichen Gründen anders ausgewiesen.Unter der Back waren neben einer Toilette für die Hafenarbeiter, das Kabelgatt und das Farblager untergebracht. Im Kabelgatt gab es mehrere große, stabile Regale auf denen lagerten Tauwerk und Drahtseile für das Ladegeschirr und zum Festmachen. Ausserdem alle möglichen Utensilien zum reinigen des Schiffes, wie Eimer, Besen, Schrubber, Seifenpulver,Putzlappen ect., aber auch Seezeichen wie Ankerball, Rombus und diverse Lampen.Im Farblager waren hauptsächlich Farbeimer mit den auf dem Schiff verwendeten Farben verstaut und zwar so, daß sie auch bei schwerer See nicht spazieren gingen. Auch jede Menge Pinsel und Farbrollen in allen Größen waren vertreten.Ganz vorne, als Verlängerung des Kabelgatt’s waren die Festmacherleinen verstaut, aufgeschossen, wie der Seemann sagt. Unter Deck hingen mehrere Stellagen, die wurden gebraucht, um im Hafen das Schiff von außen zu malen.Also, es war sehr vieles anders, als ich es bisher kennengelernt hatte.

moin WalliWu


moin walter,

.......dein einverständniss voraus gesetzt habe ich mal korrektur gelesen O-) 8-) und den doppelt geposteten teil entfernt.
";Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen";(Sir Peter Ustinov)

gruss alfred
Dieser Post wurde 1 mal bearbeitet. Letzte Editierung: 10.02.2019 - 19:01 Uhr von Alfred M.
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Walter Wust offline
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 11.02.2019 - 10:28 Uhr  -  
Danke Alfred

Hi @ All

Die Fahrt durch den Kanal war noch relativ ruhig, obwohl die Brigitte Graebe ab und zu mal ganz schön aus der see sprang und sich schüttelte. Dann kam Lands End, der südlichste Punkt von England, und der Atlantik hatte das Sagen. Das waren richtig „erwachsene“ Wellen und es ging zu wie auf einer Achterbahn.. Ich war heilfroh, als wir endlich in der Irischen See waren, obwohl, ruhig war es hier auch nicht. In Liverpool ging es in die „Garston Docks“, ein recht unfreundlich wirkendes Hafenbecken, in das man durch eine Schleuse kam. Jetzt mussteAlles sehr schnell gehen, waren doch schon die Arbeiter an dem Kai, um das Schiff zu löschen. Wir nahmen nur die Spannschrauben zwischen den Laschings raus und ließen die Laschdrähte einfach ins Wasser rutschen. Während ein Trupp die Ladebäume toppte, sie wurden nicht gebraucht, weil mit Landkränen gelöscht wurde, legte der andere Trupp die Persennige zusammen, die die Holzdeckslast abdeckten. Dann wurde die Gangway abgeklappt und gefiert.Hier zeigte sich klar der Vorteil, wenn mehrere eingespielte Leute zu Werke geh’n, dann klappt alles wie am Schnürchen.Während die Schauerleute schon am Löschen waren, saßen wir in der Messe zum Teatime und schrieben auf der Vorschussliste auf, was wir an Land ausgeben wollten. Natürlich wollte auch ich die Stadt der Beatles kennenlernen und so schrieb ich 5 englische Pfund auf die Liste. Ein Pfund war mehr als 10 DM und bei einer Heuer von gerade mal 110.- DM waren 5 Pfund schon ganz ordentlich. Natürlich an Land war es nur ein bischen Geld mit dem man keine großen Sprünge machen konnte. Aber erst mal ging es wieder an Deck, schließlich musste die Möglichkeit genutzt werden, jetzt von außenbords das Schiff überholen zu können.Ich schnappte mir einen Roststecker und eine Drahtbürste und ab gins an die Kai, abgeplatzte Farbe und Rostbeulen zu entfernen. Mein Kammerkollege hatte einen Farbeimer mit Bleimennige und einen Quast und malte die Stellen, die ich gebürstet hatte, gleich über. Dabei musste man immer auf den Löschbetrieb achten, wer will schon eine Hiev Holz in den Nacken bekommen.Zwischendurch mussten wir die Luken öffnen, weil die Deckslast gelöscht war und schon daran kann man erkennen, daß die Liegezeit in solchen Häfen nicht allzulange dauert.Nach Feierabend zogen wir dann los, wir fuhren mit dem Bus, einem Doppeldecker, auf den man hinten aufspringen konnte, wie auf ein Karusell. Zum ersten Mal in meinem Leben aß ich Fisch und Chips, ein Fastfood, das in Zeitungspapier serviert wurde. In den Pubs spielte sich das Meiste im Stehen ab, wobei meistens dunkles Bier ausgeschenkt wurde, das kaum schäumte und das Glas war randvoll. In den Pubs sah man so gut wie keine Frauen und die Luft konnte man in Scheiben schneiden, so verqualmt von Zigarettenrauch war sie.Von den Beatles gab es so gut wie nichts, höchstens in einem Musikgeschäft machten sie Reklame und hatten auch Bilder ausgestellt.Das eigentliche Nachtleben spielt sich in den Clubs ab, dafür reichten meine paar Kröten aber bei Weitem nicht aus. Dort war der Eintritt meist schon 5 Pfund. Es gab noch einige Spielhallen, die aber auch randvoll besetzt waren und wenn es so eng zugeht, habe ich immer ein ungutes Gefühl. Um 23 Uhr haben die Pubs Sperrstunde und als letztes hört man noch „God save the Queen“, bevor der Laden dichtmacht.Nachdem wir das Holz gelöscht hatten, verholten wir an eine andere Pier, um Schwefelkies zu laden. Dieser kam in offenen Eisenbahnwaggons an, der Waggon fuhr in eine Art Förderturm, wurde hochgefahren und auf einer Art Laufkatze über das Schiff gebracht und dort umgedreht. Der Schwefelkies, der dann runterfiel verteilte sich bei Wind über das ganze Schiff und verätzte die Farbe. Die schöne weiße Brigitte sah danach aus wie eine Ölpfütze im Regen. Auch die Augen wurden gereizt, nachts konnte man nicht schlafen, denn sobald man die Augen schloss, brannte es wie Feuer. Schon da beschloss ich, daß Schwefelkies eine Scheißladung ist. Die nächsten Tage nach dem Auslaufen waren wir nur am Deckschruppen und Farbe waschen. Ich hatte kein Ölzeug, aber mir war klar, beim nächsten Schiffshändler war das mein erster Einkauf.Immer wieder schön war es in Gävle. Bei jedem Einlaufen wurden wir schon von schwedischen Schönheiten begrüßt. Wir hatten einen Leichtmatrosen aus Liverpool, dessen Eltern stammten aus der Karibik, der Junge war „kaffeebraun“ und wenn er lachte und das tat er sehr oft, blitzten seine Zähne wie Perlen in seinem Mund. Aber das Größte war, er konnte perfekt Posaune und Saxophon spielen und hatte auch beide Instrumente an Bord. Ein- und Auslaufen taten wir immer mit Blasmusik und die Schweden konnten sich daran garnicht satt hören und sehen. Abends waren wir dann auch die Attraktion und brauchten uns um Mädchen keine Sorgen machen. Wenn dann das Cafe zumachte, rauschten wir mit alle Mann und den Mädchen aufs Schiff und feierten dort weiter. Erst gab es immer wieder Eifersüchteleien, weil natürlich jede Schöne mit unserem Musikus in die Koje wollte, aber wenn der sich bedient hatte, gab es mit den restlichen Mädchen keine Probleme mehr.Manchmal war es schon richtig traurig, wenn es wieder ans Auslaufen ging. Da waren aber auch richtige Augenweiden dabei.Einmal hatte der Kapt’n so die Schnauze voll, daß in Gävle alle Mann nur noch mit Pudding in den Knien über Deck schlichen, daß er in der Messe vor versammelter Mannschaft verboten hat, Weiber an Bord zu bringen. „Mein Schiff ist doch kein Puff“, sagte er. Nun wir abends an Land und als die Kneipe schloss, waren alle sehr traurig, als man sich trennen musste. Der Jungmann und ich vereinbarten, dem Alten dafür eins auszuwischen. Wir fuhren mit dem Taxi vor und die Gangway hoch und an Deck den Niedergang zum Mannschaftslogis lief der Jungmann ganz normal, während ich tippelte, als wäre ich ein Mädchen. Dabei kicherten wir und raunzten uns zu, als plötzlich die Stimme des „Alten“ rief, sofort alle Weiber von Bord, ich komme in 10 Minuten die Kammern kontrollieren.Wir zogen uns aus und ab in die Koje, als der Käpt’n auch schon erschien. Er knipste Licht an und als er außer uns Beiden Niemanden sah, fragte er ganz erbost „wo sind die verdammten Weiber?“ Wir zuckten nur die Schultern und da riss er die Spindtüren auf und schaute sogar in der Backskiste nach, ob sich nicht irgendwer dort versteckt hatte. Als er nichts fand, durchschaute er natürlich die ganze Aktion, nahm es aber mit Humor. „Bei diesen Weibern könnt ihr euch wenigstens keinen Tripper holen“, meinte er und ließ uns allein.Eines der Mädchen sagte dann bei der nächsten Reise, sie könne von einem Bekannten dessenUrlaubshütte bekommen, immer wenn wir in Gävle sind, die müsste aber jedesmal wieder tip-top hinterlassen werden. Nun, das war ja wohl selbstverständlich und so zogen wir dann statt an Bord zur Urlaubshütte und ließen „die Sau raus“. Das waren nur zwei Räume und wenn alle Mann am bumsen waren, so wackelte das Geschirr im Schrank. Wir lagen aber auch kreuz und quer verstreut und wer mal auf Toilette musste, trat hin und wieder im Dunkeln aufSchlafende oder auch sehr aktive „Bodengeister“. Interessant wurde es jedesmal früh morgens beim Anziehen. Wir mussten ja schon um 5:30 los zurück an Bord und hatten für diese Zeit schon am Abend vorher die Taxen bestellt, während die Mädchen noch alle schliefen. Also suchten wir im Halbdunkel unsere Plünnen zusammen, wobei es durchaus vorkam, dass man mit Klamotten vom Kollegen an Bord ankam. Unser Alter fand diese Lösung zwar auch beschissen, aber solange wir morgens zur Arbeit antanzten, konnte er uns wohl schlecht den Landgang verbieten. Das mit der Urlaubshütte hatte auch noch den Effekt, daß selbst Mädchen, die vorher nie mitgekommen waren, nun mit dabei waren, weil es ja nicht aufs Schiff ging. Ja manchmal waren es mehr Mädchen als Jungs, was schon sportliche und körperliche Fitness voraussetzte. So etwas habe ich später nie mehr erlebt, obwohl es in Süd- und Mittelamerika auch nicht gerade enthaltsam zuging.Ein weisses Schiff macht natürlich Eindruck und sieht auf jeden Fall besser aus als so’n mausgrau oder schwarz, allerdings bleibt die Farbe nicht von alleine so ansprechend. Nach jedem Auslaufen hiess es also erstmal Farbe waschen. Es mag ja Seeleute geben, für die ist das die Lieblingsbeschäftigung, ich gehöre jedenfalls nicht zu denen. Im Sommer ist es ja halb so schlimm, aber wenn ein schön kalter scharfer Wind geht und man muss über Kopf mit einem Twist in den Ecken scheuern und die kalte Seifenbrühe läuft einem in die Ärmel und am Körper hinunter, kann einem das die ganze Freude, auf einem weissen Schwan zu fahren, zunichte machen. Auch sieht man jeden noch so kleinen Rostfleck oder die Labsalbe von den Hangern verteilt sich wenn die Gischt überkommt über die Masten, das Ladegeschirr und Vorkante Brücke. Wir haben schon in der Kieler Bucht getrieben, weil der Käpt’n erst die Masten und Aufbauten waschen ließ, bevor er in die Kanalschleuse einfuhr. Der Reeder war nämlich meistens anwesend wenn wir durch den Nord- Ostseekanal fuhren und ab und zu fuhr er auch mit bis zur Schleuse auf der anderen Seite. Ich kenne ihn nur als freundlichen Menschen, es hiess aber, daß er mal ganz schön sauer war, als die Brigitte Graebe dreckig und rostig in Brunsbüttel einlief und nicht an Bord kam, weil er sagte, dies sei nicht sein Schiff,Das Schiff war ja nach seiner Tochter benannt, die habe ich aber leider nie gesehen.Eine Reise ging mal statt nach Liverpool nach Belfast. Es war die Zeit, als die IRA mal wieder ganz verrückt spielte und ständig irgendwo was in die Luft flog.Natürlich war es ein Nervenkitzel an Land zu gehen, allerdings sollten Alle bei Einbruch der Dunkelheit wieder an Bord sein.Nordirland ist im Vergleich mit England geradezu billig und mit zwanzig Pfund kann man noch richtig was unternehmen. Ich weiß nicht mehr, wie der Pub hieß, jedenfalls saßen dort die besten Girls von ganz Belfast, sagte der Wirt. Ich kam auch ins „Gespräch“ mit einer Schönen, richtig mit knallroten Haaren und grünen Augen, ein paar Dutzend Sommersprossen quer durch das hübsche Gesicht verteilt und mit einem „ewigen“ Lächeln, das einem alles drumherum vergessen ließ. Sie nahm mich mit in ihr zuhause, eine Bruchbude, die so garnicht zu ihr passte. Es war noch etwas Fusel da und nachdem der gelenzt war, gings in die Heia.Sie war garnicht wie eine „Professionelle“, wollte schmusen und hatte alle Zeit der Welt. Unter diesen Umständen war mir der „Sonnenuntergang“ natürlich „schietegal“ und wir beschlossen, daß ich bis zum frühen Morgen bei ihr bleiben würde. Mitten in der Nacht hörten wir plötzlich Schüsse, es klang aus verschiedenen Richtungen und als ich das Licht anknipste um mal nachzuschauen, zog mich meine Kleine sofort zurück, machte das Licht wieder aus und bedeutete mir, ganz still zu sein. Sie erzählte, daß vor wenigen Tagen in ihrer Straße zweiLeute getötet wurden, nur weil sie im Freien waren. Erschossen werden wollte ich nun ganz und gar nicht und so pressten wir uns ganz fest aneinander, was bei mir sofort wieder Wirkung zeigte.Es war eine wunderschöne, schlaflose Nacht und als es hell wurde, kochte sie mir noch eine Tasse Tee und zauberte ein paar Cakes herbei, die allerdings fast wie Rettungsbootproviant schmeckten. Für den Fall, daß wie abends noch im Hafen liegen würden, wollten wir uns wieder im Pub treffen. Ihre Wohnung lag nicht weit vom Hafen entfernt und ich machte mich zu Fuß auf den Weg zur Brigitte Graebe. Außer der Nachtwache war noch niemand an Deck und so konnte ich unbemerkt in meine Kammer schleichen. Nachdem ich geduscht und meine Arbeitsplünnen angezogen hatte, leistete ich dem Kochsmaaten ein wenig Gesellschaft, in die Koje hatte eh keinen Zweck mehr. Dort bekam ich auch gleich einen richtig starken Kaffee, der meine Lebensgeister wieder weckte. Ich erzählte dem Kochsmaat von meinem nächtlichen Abenteuer und der Schiesserei, worauf der meinte, er hätte nicht mit mir tauschen wollen.

moin WalliWu
Dieser Post wurde 1 mal bearbeitet. Letzte Editierung: 11.02.2019 - 12:26 Uhr von Walter Wust.
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Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 12.02.2019 - 10:52 Uhr  -  
Hi @ All

So schön es auf der Brigitte Graebe auch war, ich wollte endlich auch mal auf große Fahrt.
Nach gut einem halben Jahr bin dann auch abgemustert und gleich bei der DOAL, der Deutschen Ost-Afrika Linie angeheuert. Dies war nun ein richtiges, ausgewachsenes Frachtschiff und als ich mich erst beim ersten Offizier und dann beim Bootsmann vorstellte, war ich richtig aufgeregt. Ich bekam eine Mittelkammer, gleich neben dem Niedergang und hatte den Rest des Tages Zeit, meine Klamotten auszupacken und mich einzurichten. Die Mittelkammer hatte keine Bullaugen, sondern nur ein Oberlicht, das aber meist durch Stauholz oder Deckslast verdeckt war. Auch tagsüber musste man ständig Licht anhaben. In den Tropen war es natürlich recht stickig und der „Miefquirl“, wie wir den Lüfter nannten, wirbelte auch nur die verbrauchte und feuchtheisse Luft herum. Wir lagen in Hamburg, als ich einstieg und nächster Hafen war Bremen, dann gings weiter nach Rotterdam und Antwerpen als letzten europäischen Ladehafen. Das Schiff hiess „Natal“ und hatte 5 Ladeluken. Als Deckslast bekamen wir Ölpipelines für Saudi Arabien und mehrere Lkw’s und zwei große Container. Das Alles musste seefest vertäut werden und auch während der Reise waren ständig Seeleute damit beschäftigt, die Laschings zu kontollieren und gegebenenfalls nachzuspannen. Die Decksbesatzung war in Wachgänger und Tagelöhner eingeteilt. Die Junggrade gingen grundsätzlich mit auf Wache, wobei hier im Gegensatz zur Küstenfahrt ein 3 Wachensystem galt. Das heisst 4 Stunden Wache und 8 Stunden Freiwache, in der aber tagsüber „zugetörnt“, das heisst Überstunden gemacht wurden. Diese waren auf See nötig, um das Schiff instand zu halten. Entweder wurde das Ladegeschirr überholt oder es wurde Rost geklopft und gemalt. Auch die Ladestroppen aus Tauwerk oder Draht wurden von der Besatzung im Kabelgatt gespleißt.Alles was ich bisher von Seemannschaft kannte, war Stümperei gegen das was nun gefordert war. Vor Allem hatte ich keine Ahnung, welche Mengen von Allem nötig war. Im Kabelgatt war ein Matrose, der sich ausschließlich um diese Arbeiten kümmerte. Wenn der Bootsmann zwei oder drei Mann zum labsalben der Runner eingeteilt hatte, gingen diese zum „Kabel-Ede“ und bekamen von ihm die Labsalbe und Twist und konnten gleich loslegen. Auch das Überholen der Spannschrauben, der Ladeblöcke, des stehenden und laufenden Gutes, alles wurde vom Bootsmann eingeteilt und der Kabel-Ede sorgte dafür, daß man die entsprechende Ausrüstung bekam. Auch das Farbenschapp gehörte zu seinem Aufgabenbereich. Je nachdem was gemalt werden sollte, richtete er die entsprechenden Pinsel oder Rollen mit Gittersieb, Putzlappen etc.Wenn es manchmal zuviel auf einmal wurde, gab er auch nur Anweisung, was man zu nehmen hatte und wo es zu finden war.Ganz speziell waren die Ausrüstung für in den Mast oder Aussenbords. Hier wurde ganz genau auf Sicherheit geachtet und der Selbstfierer beim Bootsmannstuhl musste erst in seinem Beisein vorgeführt werden, bevor man losdurfte. Natürlich war das eine Unmenge an Fachwissen, das da tagtäglich auf mich einrieselte, aber es machte Spaß zu sehen, daß man immer besser und sicherer wurde. Auf Wache ging man abwechseln Rudertörn und Ausguck, wobei der Ausguck gleich auch theoretischen Unterricht bekam. So konnte es passieren, daß man gerade gedankenverloren in die See schaute und plötzlich der Wachoffizier fragte, was bedeutet der „blaue Peter“? Oder man musste den Kompass nach Strichen und Graden aufsagen. Auch was im Brandfall oder bei Mann über Bord zu tun ist, das Alles war neben dem Ausguck noch zusätzliches Thema, ohne allerdings die Hauptaufgabe zu vernachlässigen. Ab 6 Uhr morgens begann die 4-8 Wache mit Frischwasser das Teakholz auf dem Bootsdeck und dem Palaverdeck abzuschwabbeln, weil sich dort über Nacht eine Salzkruste angesammelt hatte und die Passagiere, wir hatten derer zwölf für Süd-West-Afrika an Bord, dort gerne die Arme auflegten. Auch das Wecken der Tagelöhner, der Stewards und Köche gehörte zum Job der 4-8 Wache.Morgens nach Wachende war erstmal Frühstück, eine halbe Stunde, dann hiess es „törn to“.Die 4-8 Wache hatte die Möglichkeit, die meisten Überstunden zu machen. Das war zwar alles freiwillig, doch wer keine Lust auf Überstunden hatte, wurde in den Tagesdienst versetztUnd wurde auch nicht alt an Bord. Um Alles auf dem Laufenden zu halten, waren Überstunden einfach nötig und bei der kleinen Grundheuer ein willkommener Zusatzverdienst. Erster Hafen war Port Said, dort kamen auch die Souvenirhändler an Bord, mit Kamelhockern, Sitzkissen und allerlei Messingschnickschnack. Der Bootsmann hatte Jedem eingebläut, keinen von den Burschen in die Logis zu lassen, da sie alles was nicht niet und nagelfest war, mitgehen ließen. Dann kam Suez und danach Akaba. Leider lagen wir in all diesen Häfen nur ein paar Stunden, in denen wir auch voll mit Arbeit ausgelastet waren. Erst in Djeddah lage wir zwei Tage, aber dies ist ein Reede-Hafen, allerdings mit einer wunderschönen Korallenlagune, in der ich in der Mittagspause zum Schwimmen ging. Einige von Bord waren in Djeddah auf dem Basar und haben dort Gold-Münzen eingekauft. Dort gab es günstig mexikanische Pesos oder american Gold Eagle. Für viele Kollegen ein Verlustgeschäft, da dies natürlich Nachprägungen waren und nur der reine Goldwert zählte. Ich weiß das, weil einer der Junggrade für seinen Bruder Münzen eingekauft hatte, später aberVon der Bank erfuhr, daß er zuviel bezahlt hat. Nun, ich war weder finanziell in der Lage, noch hatte ich ein persönliches Interesse an Münzen, auch „Armut“ hat manchmal sein Gutes.Nach Djeddah kam Massaua, der heisseste Hafen der Welt. In der Mittagszeit herrschten 60 Grad und kein Lüftchen wehte, man konnte ein Streichholz halten, ohne daß die Flamme flackerte. Die Hafenarbeiter sind Fuzzi-Wuzzi'’, ein Bergvolk aus Eritrea, das nur im Hafen schuftet um das Geld für eine Kuh zu verdienen. Mit dieser tauschen sie sich eine Frau ein und damit hat für sie die Arbeit ein Ende, jetzt ist die Frau dran. Diese Burschen hatten eine riesige "Löwenmähne", in die sie Kameldung eingeflochten haben, als Schutz gegen Sonnenstich. Wenn es mal auf dem Kopf juckte, nahmen sie einen etwa kochlöffelgroßen Dreizack aus Holz geschnitzt, mit dem sie sich kratzen konnten. Sie haben von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geschuftet, hauptsächlich gezuckerte Kondensmilch, Seife in großen 200 Liter Fässern oder aber Getreide in Säcken. Es wurde alles in Netzbrooken verstaut und dabei gab es den ganzen Tag einen Singsang. Eieieia präm-eieieia präm, ununterbrochen. Ich hatte Raumwache im Zwischendeck und meine Hauptbeschäftigung war es, den unaufhörlich rinnenden Körperschweiß mit einem Schweißtuch abzuwischen. Es war unglaublich stickig unter Deck und wir lösten uns alle zwei Stunden ab. Ich habe dort jeden Tag einen ganzen 10 Liter Eimer Gujambel getrunken.Vor Allem war wichtig, daß wir ständig Salztabletten schluckten, um die durch den Schweiß verlorenen Körpersalze wieder auszugleichen. Auch gab es jeden Morgen zum Frühstück Resochintabletten gegen Malaria. Direkt am Hafen war ein englischer Seemannsclub „Flying Angel“ mit einem Schwimmbecken, daneben war eine Lagune, in der es von Rochen nur so wimmelte. Ich bin einmal in das Schwimmbecken, das auch mit Seewasser gefüllt war, gesprungen, war aber blitzschnell wieder draußen. Das Wasser war gefühlsmäßig „Kochendheiß“ und so zog ich die Rochen dem gekocht werden vor. Nach Massaua kam Assab und Djibouti. Wir lagen dort nur Stunden bevor es nach Aden ging. Auch Aden ist ein Reedehafen, dort kamen Händler mit japanischen Geräten an Bord. Kameras, Tonbandgeräte, Radios, Ferngläser und elektronisches Spielzeug, wie ferngesteuerte Jeeps oder Boote wurden zu unglaublichen Preisen angeboten. Bisher hatte ich so etwas noch nie gesehen und wer rechnet schon damit, daß ein „Knacki“ in Pluderhosen in einem Entwicklungsland hochtechnisches Gerät verkaufen will. Ein paar Leute an Bord hatten richtiggehend Bestelllisten mit, was sie nach Deutschland mitbringen sollten. Ich hatte mit einem Sony Recorder geliebäugelt, aber dann beschlossen, noch eine Reise zu warten. Auch eine Seiko Uhr fand mein Interesse, hier warnte mich der Bootsmann, daß vieles nur Plagiate seien undDafür war es wieder zu teuer.

moin WalliWu
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