schließen

Loginbox

Trage bitte in die nachfolgenden Felder Deinen Benutzernamen und Kennwort ein, um Dich einzuloggen.


  • Username:
  • Passwort:
  •  
  • Bei jedem Besuch automatisch einloggen.


  •  

Walli Wu



 
Silverback offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: männlich
Herkunft: CANADA  Gotenhafen/Westpreußen (Gdynia, PL)); jetzt Toronto, Ontario
Alter: 83
Beiträge: 2700
Dabei seit: 05 / 2007
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 15.02.2019 - 20:13 Uhr  -  
Zitat
Das Essen war reichlich, wobei es bei Kartoffeln und Gemüse meistens Nachschlag für die ganz Verfressenen gab.

Moin WalliWu,

wie die meisten anderen Leser hier, genieße ich Deine Schilderungen aus Deiner Fahrtzeit, insbesondere die detaillierte Beschreibung der Decksarbeiten, vom Überholen des Ladegeschirrs bis zum Bekleiden eines Drahtspleißes. Ja, da werden Erinnerungen vor meine Augen zurückgebracht. O-)

Deine o.a. Bemerkung vom "reichlichen Essen" auf SSS Deutschland hat mich erstaunt, weil das auf meine Erfahrung beim 3-monatigen Schiffsjungen-Lehrgang 1955-56 leider überhaupt nicht zutrifft. Das Einzige, wovon es "reichlich" gab, war die Vierfruchtmarmelade im 10-Liter Blecheimer. Ansonsten haben wir dauernd "Kohldampf geschoben!" :devil:
(Zum anderen war Deine Matrosenprüfung aber auch etliche Jahre später. Bis dahin war der Schulschiff Verein wahrscheinlich von Beschwerden überhäuft worden; auch hatte Deutschlands "Wirtschaftswunder" wohl zur Besserung beigetragen. )

Gruß,

Silverback.
"Wissen ist, zuzugeben, etwas nicht zu wissen!"
Mens sana in corpore sano
nach unten nach oben
bublies offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: männlich
Herkunft: SWEDEN  Värnamo
Alter: 80
Beiträge: 2335
Dabei seit: 08 / 2010
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 15.02.2019 - 21:33 Uhr  -  
hej WallWu,
wie schon von Anderen erwähnt, du hast ein fenomenalisches Gehirn; kommt vielleicht vom erziehenden Woischtock.
Bin richtig neidisch :-)
Hälsning Bublies
nach unten nach oben
Alfred M offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: männlich
Herkunft: BOSNIA AND HERZEGOVINA  dinslaken
Alter: 74
Beiträge: 5461
Dabei seit: 01 / 2007
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 16.02.2019 - 07:55 Uhr  -  
Zitat geschrieben von bublies

hej WallWu,
wie schon von Anderen erwähnt, du hast ein fenomenalisches Gehirn; kommt vielleicht vom erziehenden Woischtock.
Bin richtig neidisch :-)
Hälsning Bublies


Moin Zusammen,

.......nur mal so :
Der an diesem Beitrag angefügte Anhang ist entweder nur im eingeloggten Zustand sichtbar oder die Berechtigung Deiner Benutzergruppe ist nicht ausreichend.
";Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen";(Sir Peter Ustinov)

gruss alfred
nach unten nach oben
bublies offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: männlich
Herkunft: SWEDEN  Värnamo
Alter: 80
Beiträge: 2335
Dabei seit: 08 / 2010
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 16.02.2019 - 09:11 Uhr  -  
hahahaaaa :-)
tack Alfred, hälsn. Bublies
nach unten nach oben
Walter Wust offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: keine Angabe
Herkunft: keine Angabe 
Alter: 79
Beiträge: 420
Dabei seit: 01 / 2019
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 16.02.2019 - 11:22 Uhr  -  
Hi Alfred,

Du sollst doch keine Geheimnisse verraten.

Hi Silverback,

Wir hatten während des Lehrgangs mehrere Tage das Fernsehen an Bord für einen Werbefilm, wahrscheinlich vom Verband Deutscher Reeder finanziert. Während dieser Zeit gab es sogar Frikadellen reichlich. Das hielt aber nicht lange.
Mein Vorteil war, daß ich durch die vorangegangene Seefahrtzeit die Materie kannte. Das machte es wesentlich einfacher, die Feinheiten, wie Einzelteile des Magnetkompasses oder Rudermanöver auf englisch auswendig zu lernen.

moin WalliWu
nach unten nach oben
Walter Wust offline
Kapitän/1. Ing
Avatar
Geschlecht: keine Angabe
Herkunft: keine Angabe 
Alter: 79
Beiträge: 420
Dabei seit: 01 / 2019
Private Nachricht
Betreff: Re: Walli Wu  -  Gepostet: 16.02.2019 - 11:42 Uhr  -  
Hi @ All

Besuchstage gab es nicht, kommen konnte man von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr, nur bei Visite musste der Besuch das Zimmer verlassen. Jedesmal, wenn mein Bettnachbar seinen Besuch verabschiedet hatte, packte er erst mal die mitgebrachten Tüten aus und Alles, was er nicht selbst gebrauchen konnte, landete auf meinem Nachtschrank. Das waren in der Regel Lebensmittel, die er mit seinem Darmkrebs nicht mehr verdauen konnte. So bekam ich fast täglich eine wohlschmeckende, kalorienreiche Sonderration, wie geräucherten Schinken, gekochte Eier und jede Menge Obst. Dafür tauschte ich des öfteren meine Mittagsmahlzeit mit ihm, das war zwar nichts Aufregendes, aber immerhin mit etwas Würze gekocht. Wir wurden zwei mal pro Woche gewogen und die Schwestern wunderten sich nicht schlecht, daß ich trotz dieser „Portiönchen“ immer noch an Gewicht zulegte. Ich durfte jetzt auch schon mal zwischendrin aufstehen und in Begleitung einer Schwester ein paar Schritte hin und her laufen. Ich hatte immer noch das OP-Hemdchen an als beim Herumführen die Oberbetschwester in das Zimmer kam. Ich weiss nicht, warum sie sich so echauffierte, schließlich hat ihr oberster Chef das so geschaffen, was ihr nun als Stein des Anstosses galt.Bevor ich weitere Gehübungen bekam, musste ich erst einen Schlafanzug anziehen. Meine ganzen Klamotten waren bei der Reederei eingelagert und so bekam ich einen krankenhauseigenen Pyjama, der mir zwar nicht passte, aber seinen sittlichen Beitrag leistete.So langsam stimmte mein Aussehen auch wieder mit dem Passbild im Seefahrtsbuch überein und ich marschierte auch schon mal ohne Begleitung im Zimmer auf und ab. Als ich schon mehrere Minuten ohne Schwindel und Übelkeit stehen und laufen konnte, wollte ich auch nicht mehr auf die Bettpfanne. Leider musste man in diesem alten Gebäude noch auf den Flur, um auf Toilette oder Bad zu gelangen. Im Zimmer waren zwar zwei Waschbecken und Spiegel aber sonst nichts an sanitären Anlagen. Es ging auch ganz gut bis mich eine der Nonnen sah, wie ich aus der Toilette kam. Kurze Zeit später hatte ich die ganze medizinische Fakultät am Bett und auch die göttliche Abteilung ließ es sich nicht nehmen, zu intervenieren.Da ich darauf beharrte, meinen Stuhl ohne fremde Hilfe zu verrichten, wurde mir von den Nonnen der Pyjama wieder weggenommen und ich bekam mein „Mondschein-Hemdchen“ wieder. Die Betschwestern waren doch tatsächlich überzeugt, daß ich“ nackt „ nicht auf den Flur gehen würde. Da kann man mal sehen, wie sehr das „fleischliche“ im kirchlichen Glauben doch als Teufelswerk gilt. Langer Rede kurzer Sinn, meine Verdauung ließ sich von Äußerlihkeiten nicht beeinträchtigen und so eilte ich nachmittags zum „Stillen Örtchen“. Ein gellender Schrei zerriss die heilsame Stille, hatte mich doch eine Dienerin des Herrn erkannt und sofort alle Keuschheitsbeflissenen über die Situation unterrichtet. Dieses Eklat wurde ein Fall für den Oberarzt, der, nachdem er mich untersucht hatte und ich einige Schritte laufen musste, auch mit verschlossenen Augen, zu dem Schluß kam, daß ich mit Gehhilfe durchausKleinere Strecken zurücklegen und ergo auch bis zur Toilette laufen könne. Diese salomonische Entscheidung verhalf mir wieder zum Pyjama und zu vernichtenden Blicken der Oberbetschwester. Mein Bettnachbar profitierte auch davon, konnte ich doch jetzt so manche Handreichung übernehmen, für die er sonst die Schwester anklingeln musste. Allerdings hatte diese neue Mobilität auch den Nachteil, daß ich meine alten Laster wieder ausleben konnte.Beim Verlassen von Elisabeth Schulte hatte man mir zwar nichts an Klamotten, dafür aber eine Stange Zigaretten und ein Paket Streichhölzer eingepackt. Diese Dinge lagen die ganze Zeit unbeachtet im Nachtschrank, aber jetzt, wo ich ja das Zimmer verlassen durfte, konnte ich es kaum erwarten, meinen Körper zu malträtieren. So ziemlich am Ende des ganz schön langen Flurs war ein Aufenthaltsraum, in dem auch das Rauchen erlaubt war. Erst schockte mich der lange Weg, aber dann war die Sucht doch stärker und als es ruhiger auf Station wurde, machte ich mich auf den Weg. Ich kam auch ganz gut an und konnte es kaum erwarten, das Gift zu inhalieren. Ein fürchterlicher Hustenanfall, ich hatte das Gefühl, mein Schädel platzt und ein Schweißbrenner ist in meiner Brust. Sofort habe ich den GlimmstengelAusgedrückt und mich in die Ecke verschanzt. Mann was war mir schlecht. Schneeweiss im Gesicht schlich ich mich zurück in mein Bett.Eigentlich wäre dies der ideale Zeitpunkt gewesen, das Rauchen ein für allemal aufzugeben, leider musste erst noch einiges Schlimmes passieren, bis ich zu dieser Erkenntnis gelangte.Einige Tage später, inzwischen war ich dieses Gipsgestell, mit dem ich aussah wie Ramses II, endlich los und auch meine Therapie wurde langsam zur Routine, beschloss ich, mich einzukleiden. Bekleidet mit Schlafanzug, Bademantel und Badelatschen ließ ich mir ein Taxi kommen und ab gings zur City. Der Taxifahrer behielt die Ruhe und fuhr mich in alle relevanten Geschäfte, wobei er dann jedesmal draussen wartete, bis ich bepackt wieder rauskam. Nachdem ich einschließlich Koffer alles notwendige eingekauft hatte, fuhren wir wieder zum Hospital zurück. Dort hatte man mich inzwischen schon vermisst und als ich dannEndlich wieder in meinem Bett lag, bekam ich auch schon Besuch von der Oberschwester. In ihrer Aufgebrachtheit sagte sie einige unschöne Dinge, die man normalerweise zu zahlenden Gästen nicht sagt. Andererseits zeigte ihre Reaktion, daß sie sich um mich Sorgen gemacht hatte und das freute mich irgendwie ein wenig, hatte ich diesem Flintenweib derartige Regungen doch garnicht zugetraut. Letztendlich merkte ich selbst, daß diese Exkursion mir sehr viel Kraft abverlangt hatte, war ich doch klatschnass geschwitzt, als ich endlich wieder an meinem Bett stand. Wir verständigten uns darauf, daß sich so etwas nicht wiederholt, was ich guten Gewissens bestätigen konnte, denn noch mal Klamotten kaufen wollte ich zumindest in Bremerhaven nicht mehr.Nicht zuletzt auf mein Drängen entließ man mich in eine Spezialklinik. Es gibt in Deutschland eine ganze Reihe von Einrichtungen, die sich auf die Nachbehandlung und Spätfolgen von Kopfverletzungen spezialisiert haben. Für mich war die Uni-Klinik Mainz von Interesse, lag sie doch nicht allzu weit von meinem Zuhause entfernt. Bis dort ein Platz frei wurde, musste ich noch ein paar Tage in Bremerhaven bleiben. Mein Bettnachbar war inzwischen mehr tot als lebendig und lebte nur noch mit Morphium. Auch hatte sich seine Besucherzahl drastisch reduziert und die Nonnen kamen jede Nacht mit einer Kerze, um für ihn zu beten. Als ich mich dann verabschiedete, bekam er das leider gar nicht mehr mit.Meine Lieblingsschwester aus Hannover war etwas traurig, hatte ich ihrer Ansicht nach doch etwas Leben in diese „Friedhofskapelle“, wie sie unser Zimmer nannte, gebracht.Die Fahrt nach Mainz mit der Bahn und im Schlafwagen hatte was.In Mainz angekommen und nachdem man mich erst mal durchgecheckt hatte, bekam ich ein wunderschönes Einzelzimmer mit Blick auf die Parkanlage. Es war jeden Tag volles Programm und man hätte meinen können, die trimmen mich für den Flug zum Mond. So wurde die Reaktion nach körperlicher Belastung getestet, oder die Merkfähigkeit unter Stress.So wurden bei relativ lauter Musik plötzlich Wörter oder ganze Sätze an die Wand projiziert und man musste entweder das Wort, spezife den Satz wiederholen, oder sagen, aus wievielen Buchstaben sich dieser zusammensetzt oder wenn es nur eine Sentenz war, diese zu vervollständigen versuchen. Man hatte zur Beantwortung ein Zeitfenster und wurde mit Punkten bewertet. 100 Punkte waren das Maximum und es dauerte schon eine Weile, bis man diese erreichte.Körperlich war ich soweit wieder fit, allerdings musste ich aufpassen, bei ruckartigen Bewegungen oder übermäßigem Kraftaufwand bekam ich sehr leicht Nasenbluten. Nach kurzer Zeit auf dem Laufband wurde mir schwindelig und manchmal sogar übel bis zum Erbrechen. Der Professor meinte,diese Symptome würden mit der Zeit wieder verschwinden.Nach der Entlassung fuhr ich erstmal nach Hause und ließ für ganze vier Wochen den lieben Gott einen guten Mann sein. So schön wie es ist, mal so richtig zu faulenzen, aber irgendwann macht selbst das keinen Spass mehr. Ich ließ mich von einem Amtsarzt untersuchen und wurde für wieder seetauglich befunden. Also packte ich meine Koffer und ab gings nach Hamburg. Bei der SBG habe ich eine neue Gesundheitskarte abgeholt und dann gings zu Max. Charlie Deke hatte zwar mal angerufen als ich noch in Mainz war und ich hätte sofort bei Schulte & Bruns wieder einsteigen können, aber ich habe mich für Max entschieden. Ich sollte auf einen Bulkie, die haben keine Masten aus denen man fallen kann.Max hatte immer irgendeinen Spruch auf Lager und das mit den Masten war so einer. Dann gab er mir die Catherina Oldendorff, ein topmodernes Schiff. Ich musste nach SüdfrankreichFahren. Einige „Experten“ meinten zwar, ich solle mir das nochmal überlegen, schließlich heisst es „ist die Not am größten, ist Oldendorff am nächsten“, aber ich wollte solche „Weisheiten“ lieber selbst erfahren. Ich fuhr also nach Sete, dort lag der Pott und lud Getreide für Albanien. Ich war angenehm überrascht, wie akkurat sich der Dampfer präsentierte, hatte ich mir doch nach all den Schauermärchen eher eine verkommene Rostlaube vorgestellt. Die Crew waren alles alte Oldendorff-Fahrer und wie sich herausstellen sollte, alle top in Ordnung. Der Erste fragte, warum ich so lange an Land war und ich erzählte von dem Unfall.Dann konnte ich in aller Ruhe meine Kammer einrichten, die Catherina sollte erst am nächsten Tag auslaufen. Ich kam mir fast wie ein Neuling vor und habe es richtig genossen, so ohne Hektik und Stress meine Klamotten einzuräumen. Der Bootsmann kam zwischendurch vorbei, offenbar vom Ersten wegen dem Unfall geimpft, und fragte, ob es irgendwelche Einschränkungen gäbe, bei den Arbeiten, wie Höhenangst oder so. Er war sichtlich erleichtert, als ich ihm versicherte, daß ich auf die Stellage und in den Mast klettern dürfe. Er war ein ganz ruhiger Typ und ich kam immer gut mit ihm klarVon Sete ging es dann nach Sarande, einem albanischen Reedehafen, direkt an der griechischen Grenze. Landgang war untersagt, ehrlich, es gab auch absolut nichts, für das sich ein Landgang gelohnt hätte. Nach Einbruch der Dunkelheit war das ganze Dorf wie ausgestorben und stockdunkel. Es gab weder Strom noch fließend Wasser. Allerdings stand in den Bergen ein alter deutscher Wehrmachtsgenerator, der zwei riesige Scheinwerfer mit Strom versorgte. Mit diesen Scheinwerfern wurde die ganze Nacht hindurch die Grenze abgesucht, sowohl in den Bergen, als auch über See. Was da so eifrig bewacht wurde, ist mir bis Heute noch unklar.Es gab in dem Ort einen einzigen Einwohner, der so etwas ähnliches wie Pidgin-Englisch sprach. Er hatte vor Jahren mal sein Glück in Amerika versucht, sich das aber offensichtlich leichter vorgestellt. Immerhin hat er es dann mit den paar Brocken „englisch“ zum Adjudanten des Hafenmeisters geschafft und nach seinem Äußeren zu urteilen, musste sich der Posten ganz schön lohnen.Nachdem also die „Hausordnung“ verkündet war und alle „Ordensträger“ mit Naturalien versorgt waren, wurden für die nächsten Tage mehrere „Küstenfrachter“ angekündigt.Wir löschten mit eigenem Geschirr, max. an zwei Luken gleichzeitig. Zu diesem Zweck hatte der Fettkeller zwei Blechcontainer zusammengeschweisst, in die das Getreide geschaufelt wurde. In den Luken arbeiteten nur Frauen, während die Männer an Deck für die Winschen und das Einweisen zuständig waren. Die Küstenfrachter waren Fischkutter und bei manchen war die Luke so klein, daß wir noch zusätzlich einen Trichter bauen mussten, um die Container überhaupt auskippen zu können. Die ersten Tage durfte man da garnicht zuschauen, sonst hätte man sich entweder tot gelacht oder wäre nachts mit Alpträumen aufgewacht. Wenn ein wenig Wind aufkam und es stand etwas Schwell, klappte überhaupt nichts mehr. Die Winschleute arbeiteten, als wollten sie die ganze Menschheit ausrotten. Irgendwann, als schon niemand mehr dran glaubte, bekamen sie das Ganze doch noch halbwegs in den Griff.Die ersten zwei bis drei Wochen war es fast ein normales Bordleben. Allerdings war die viele Freizeit ein echtes Problem. Überstunden waren nicht nötig und auch für die Löscharbeiten wurden schiffseitig keine Leute gebraucht. Wir saßen jeden Abend an Deck und soffen auf Teufel komm raus. Allerdings wurden dann nach ca. drei Wochen die Vorräte überschaubar und so wurde als Erstes das Bier rationiert. Irgendwer kam dann mal mit Boxhandschuhen an Deck und schon gab es eine neue Freizeitbeschäftigung. Leider durfte ich aufgrund meiner Vorgeschichte nicht mit in den Ring, aber als Ring- und oder Punktrichter konnte ich mitmachen. Junge, das ging da manchmal ganz schön zur Sache und die Albaner dachten manchmal, da wäre eine neue Besatzung an Bord, wenn da am nächsten Morgen welche mit blauen Augen und dicken Lippen an Deck rum schlichen. Der Storekeeper und der Bootsmann beschlossen dann eines Abends, wenn das mit dem Saufen immer schlechter wird, müssen wir selbst sehen, wie wir was Trinkbares zusammenbrauen. Nach ein paar Tagen hatten die Beiden ein Destillationsgerät zusammengeschraubt und von da an war das Getreide auch für „medizinische“ Zwecke geeignet. Der Koch spendete Zucker und was weiss ich sonst noch bei und nach ein paar Tagen tropften die ersten Proben garantiert reiner Alkohol inden Pott. Mit „Gujambel“ wurde das Zeug erstmal auf „Trinkstärke“ herabgesetzt und schon war für weitere „gesellige“ Stunden gesorgt.Offiziell wusste die Schiffsleitung natürlich nichts von der Destille, aber davon getrunken haben einschließlich Kapitän alle von dem Stoff.Ein Gutes hatte die lange Liegezeit auf jeden Fall. Viele Arbeiten an Deck, die sonst zu zeitaufwendig und deshalb nur halbherzig begonnen wurden, wurden jetzt in Angriff genommen. Vor Allem das stehende Gut, egal ob zwischen den Davits, am Radarmast oder was auch sonst immer die Stiefkinder an Deck sind, jetzt hatten sie ihren Auftritt. Die abgehackten Spleißenden wurden schön schulmäßig beigebändselt, mit in Bleiweiß getränktem Twist geglättet und dann bekleidetDa ich zu sonst nichts zu gebrauchen war, durfte ich die Junggrade bei diesen Arbeiten unterstützen.Auch die Lotsenleiter und zwei Knüppelleitern wurden noch neu gefertigt und so nach und nach wurden die Tauwerksvorräte im Kabelgatt immer weniger.
Einer der Matrosen war ein richtiger „Kunstmaler“, heisst, der konnte einen 5 Kilo Pott Farbe leer malen, ohne auch nur einmal zu kleckern. Dank dieser Fertigkeit durfte er mit Hammerschlagfarbe die Instrumente auf der Brücke „tupfen“. Da er ein starker Raucher war, das Rauchen auf der Brücke aber fast mit Mord gleichgestellt wurde und der „Erste“ ständig präsent war, machte ihm diese Arbeit ganz offensichtlich nicht so wirklich Freude.Allerdings sah die Brücke jeden Tag ein wenig neuer aus.Nach über neun Wochen Sarande kam die neue Order, nach Durres zu verholen. Es war fast, wie aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden.Wir bekamen einen „Lotsen“ an Bord, kam extra aus Durres mit einem Marinekutter angereist, machten alles „seeklar“ und los gings.Der „Alte“ war stolz wie ein Pfau auf seiner renovierten Brücke und der Maschinentelegraph blinkte, als hätte er noch Garantie. Überhaupt war alles Messing, auch der Peilkompass auf dem Peildeck, die Schiffsglocke usw. auf Hochglanz poliert. Man merkte dem Lotsen an, daß er schwer beeindruckt war. An Kaffee hatte der Knabe wohl einen goßen Nachholbedarf, er soff die kochendheisse Brühe fast auf ex.In Durres machten wir an der Pier fest, allerdings war das Nest genau so trostlos wie Sarande.Schon beim Festmachen gab es einen kleinen Aufstand, waren die Stahltrossen doch frisch gelabsalbt, mit einem gehörigen Anteil an Braunteer und die Festmacher hatten keine Handschuhe.Gleich nach dem Festmachen wurde ein Wachhäuschen an die Gangway gestellt und zwei Mann in Uniform und Badelatschen passten auf, daß keiner von Bord die kapitalistischen Sünden ins Land trägt.Dann kam eine ganze Delegation Verantwortungsträger und parfümierten den Salon, so daß der Steward jedesmal die Luft anhielt, wenn er hinein musste.Nach der Anzahl der Dokumente zu schließen, hatte wohl jedes einzelne Getreidekorn eine eigene Einfuhrlizenz. Leider waren es alles Muslime, der Käpt’n hätte die Brüder zu gerne mit unserem „Destillat“ abgefüllt.Immerhin ging am nächsten Nachmittag die Löscharbeit wieder los, sogar an allen fünf Luken und zwar see- und landseitig.Es lief immer noch mit eigenem Geschirr, drei Luken löschten in Bahnwaggons und zwei in Kutter. Für die Bahnwaggons nahmen wir Brooken und ich ärgere mich Heute noch, daß ich keine Fotos von der Aktion habe.Je weiter das Schiff aus dem Wasser kam, desto klarer konnte man das Ergebnis der langen Reede sehen. Der Bewuchs war der reinste "„Gärtnerstolz" und wir waren jeden Tag außenbords, das Zeugs wieder abzukratzen. Das lockte jede Menge Fischbrut an und vom Floß betrachtet, sah es aus wie ein Blick von oben ins Aquarium.Endlich, nach fast 12 Wochen hatten die „Deerns“ den Pott leergeschaufelt und wir konnten mal wieder zur See fahren. Es ging nach Sete. Mao hatte wohl sein Herz für die Albaner entdeckt und so fing das Ganze noch einmal von vorne an.In Sete spielten erst einmal Alle verrückt. Der erste Landgang nach einem viertel Jahr, was Heute normal ist, war zu jener Zeit doch eher was für Supertanker.Proviant kam per Lkw aus Deutschland, genaugenommen von Zerssen und man konnte sehen, wie der Koch aufatmete, denn so langsam liefen die Mäuse mit rotverweinten Augen im Proviantraum rum. Nach dem Auslaufen erfuhren wir auch unseren ersten Hafen, nämlich Sarande. Nun wussten wir auch, warum wir soviele Eimer Marineglue gebunkert hatten.Von der Crew sind Alle an Bord geblieben, was die gute Kameradschaft unterstreicht.Nachdem wir vor Anker lagen gab es eine Überraschung von Seiten der Schiffsleitung. Um die Sauferei nicht ausufern zu lassen und als Freizeitvergnügen hatte der „Alte“ von der Reederei ein Filvorführgerät und ein paar Koffer mit Filmen angefordert und auch bekommen.

moin WalliWu
Der an diesem Beitrag angefügte Anhang ist entweder nur im eingeloggten Zustand sichtbar oder die Berechtigung Deiner Benutzergruppe ist nicht ausreichend.
Dieser Post wurde 1 mal bearbeitet. Letzte Editierung: 16.02.2019 - 11:58 Uhr von Walter Wust.
nach unten nach oben
 


Registrierte in diesem Topic
Aktuell kein registrierter in diesem Bereich


Cookies von diesem Forum entfernen  •  FAQ / Hilfe  •  Teamseite  •  Impressum   |  Aktuelle Ortszeit: 19.04.2024 - 15:34